Lew Kopelew über Karl-Heinz Korn

Kopelew stellte Karl-Heinz Korn am 20.10.1993 eine Art Zwischenzeugnis aus, da die Finanzierung und Weiterbewilligung des Wuppertaler Projektes zeitlich begrenzt war und damit sich Korn ggf. um neue Einsatzfelder mit Referenzen hätte bewerben können. Letztlich wurde die Förderung über Kopelews Tod (1997) hinaus sogar bis 2003 verlängert.

Kopelew beschreibt die umfangreichen Möglichkeiten und Fähigkeiten seines Mitarbeiters und Freundes Karl-Heinz Korn, wie der folgenden Quelle (Privatarchiv) entnommen werden kann.

KARL-HEINZ KORN
(Abb. Lew Kopelew und Karl-Heinz Korn in einer Arbeitssitzung;
Foto: Bernd-Michael Mauerer 1996)

Herr Karl-Heinz Korn arbeitet seit dem 1. Marz 1982 als Mitglied der von mir geleiteten Forschungsgruppe an der Bergischen Universität / Gesamthochschule Wuppertal, deren Auftrag es ist, die Geschichte deutsch-russischer Fremdenbilder von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert nachzuvollziehen. Die Ergebnisse dieses “Wuppertaler Projekts“ werden in einer Sammelreihe mit dem Titel „West-östliche Spiegelungen“ publiziert. Herr Korn eignete sich für diese Arbeit besonders aufgrund seiner Studienfächer Slavistik und Romanistik; er beherrscht Russisch, Französisch, Spanisch und Englisch.

Seit Beginn des “Wuppertaler Projekts“ ist er in die wissenschaftlichen wie in die organisatorischen Aufgaben so sehr eingebunden, dass ihm eine Fortführung des regulären Studiums bis zum formalen Abschlug nicht möglich war. Doch in den vergangenen elf Jahren hat er sich zu einem äußerst qualifizierten wissenschaftlichen Mitarbeiter entwickelt. Er ist maßgeblich beteiligt an der Ausarbeitung der Dispositionen zu den einzelnen Bänden, zudem ist er betraut mit der systematischen Zusammenstellung von Quellenmaterial und themenspezifischer Literatur. Überdies hat er die organisatorische Abwicklung der Projektfinanzierungen übernommen.

Im Auftrag des Projekts unternahm er neben inländischen auch mehrwöchige Forschungsreisen ins Ausland:  in Bibliotheken, Museen und Archive von Helsinki (1988), Leningrad (1988), Moskau (1989, 1992, 1993) und Jekaterinburg (1992).

Er lektoriert mit mir und den verantwortlichen Herausgebern die eingesandten Beiträge zu literarischen, historischen und kulturhistorischen Fragen der deutsch-russischen Fremdenbilder. Da viele deutsche und russische Zeitzeugnisse der ver­gangenen Jahrhunderte in französischer Sprache verfasst wur­den, fertigt er Übersetzungen umfangreicher Zitatstellen an.

Für meine eigenen Einleitungen und Beitrage zu den Bänden der „West­östlichen Spiegelungen“ leistet Karl-­Heinz Korn mir große Hilfe, indem er Primar­ und Sekundarliteratur be­schafft, sichtet und auswählt, Zitate überprüft und meine Texte sorgfältig und gewissenhaft lektoriert.

Von seiner fruchtbaren Einarbeitung  in bestimmte Bereiche unseres Problemkreises, vor allem in die Geschichte der deut­schen Rezeption russischer Literatur im 19. Jahrhundert, zeugt sein wissenschaftlicher Beitrag in Band 3 der „West-östlichen Spiegelungen:  Vermittler der Musen ­ – Russische Literatur in Deutschland“ (1991).

Für „Harenbergs Lexikon der Weltliteratur. Autoren­ Werke Begriffe“ (1989) verfasste er drei Beitrage über die russischen Schriftsteller Michail Lomonossow, Alexander Sumarokow und Alexander Galitsch.

Neben seiner umfangreichen und intensiven Arbeit am Wuppertaler Projekt wurde Karl-­Heinz Korn mir persönlich seit November 1982 ein unersetzlicher Mitarbeiter, dessen Tätigkeit sich zu Lebzeiten meiner Frau Raissa Orlowa auch auf sie erstreckte. Als Kritiker und Ratgeber war er für uns beide und ist mir bis heute ein unermüdlicher Lektor, der alle Manuskripte bearbeitet und wichtige Änderungen (Straffungen, Erweiterungen, Neuformulierungen ganzer Passagen) veranlasst. Außer Haus angefertigte Übersetzungen aus dem Russischen vergleicht und überprüft er mit dem Original, weist aufgrund seiner profunden Sprachkenntnisse auf gravierende, sinnentstellende Fehler hin und korrigiert sie, z.T.  in direkter Zusammenarbeit mit den Übersetzern. Die überarbeiteten Texte betreut er über Fahnensatz und Umbruch bis zur Drucklegung.

Aufgrund der langjährigen Erfahrung entwickelte sich ein enger und fruchtbarer Kontakt vor allem mit den Verlegern Al­brecht Knaus, Ferdinand Schöningh,  Bodo Harenberg und Gerhard Steidl sowie mit den Lektoren und Mitarbeitern der Verlage Hoffmann und Campe, Wilhelm Fink, dtv,  S. Fischer, Gunter Narr,  Artemis und Winkler u.a.m.

Auch bei der Wahrnehmung gesellschaftlicher Aufgaben (z.B. bei der Rußlandhilfe und den Aktivitäten der Heinrich-­Böll-Stiftung, bei den Vereinen „Heinrich-­Böll­-Haus Langenbroich“ und „Forum für Fremde“) ist er mir ein unermüdlicher Mitstreiter geworden.  Seit 1992 betreut er maßgeblich die von mir initiierte Ausstellung „Deutsch-­russische Begegnungen im Zeitalter der Aufklarung“, die in Rußland und Deutschland gezeigt werden wird.  Sein Wissen und seine Kenntnisse aus der bisherigen Forschungsarbeit am “Wuppertaler Projekt“ fließen unmittelbar in die inhaltliche Konzeption und praktische Umsetzung der Ausstellung ein. Darüber hinaus hält er steten Kontakt zu den Mitveranstaltern: der „Allrussischen Staatlichen Bibliothek für Ausländische Literatur Rudomino“ und dem Goethe­-Institut in Moskau, und in Deutschland zu den Staatskanzleien sämtlicher Bundesländer.

Karl­-Heinz Korn wird den vielfaltigen und unterschiedlichen Aufgaben aufgrund seiner schnellen Auffassungsgabe und seines systematischen Organisationsvermögens mehr als gerecht, erle­digt sie in jeder Hinsicht zu meiner vollsten Zufriedenheit. Seine Gewissenhaftigkeit, seine Umsicht und Genauigkeit kenn­ zeichnen seine Tätigkeit im grossen wie im Detail. Selbst unter außergewöhnlichen Belastungen und unter Zeitdruck arbei­tet er weit über den üblichen Zeitrahmen hinaus mit großem Einsatz, selbstlos, zuverlässig und verantwortungsbewusst.

Zu seinen besonders wertvollen menschlichen Eigenschaften gehören Aufrichtigkeit, Zivilcourage und absolute Verlässlich­keit sowohl in der Arbeit als auch in persönlichen Beziehun­gen.  Sein Einfühlungsvermögen, sein Verständnis und seine Toleranz gegenüber seinen Gesprächspartnern, Kollegen und mir zeigt seine moralisch integre Persönlichkeit.

Ich wünsche ihm in der Zukunft fruchtbare Möglichkeiten zur Weiterentwicklung seiner vielfaltigen Begabungen. Doch mir wünsche ich, Karl-­Heinz Korn als Mitarbeiter bis zu meinem letzten Arbeitstag zu behalten.

Köln,  den 20. Oktober 1993, Neuenhofer Allee 41
Prof. Dr. Lew Kopelew
50935  Köln